»Ich machte meine Spielfilmerfahrungen ja nicht nur im Münchener antiteater, sondern habe auch bei Wim Wenders und zwei, drei weiteren bedeutenden Regisseuren des Jungen Deutschen Films mitgearbeitet.«

 


Titelmotiv  "Im Augenblick der Freiheit" von Burghard Schlicht, Verlag Olga Grueber

Burghard Schlicht

Autoren-Interview

Herr Schlicht, Sie haben die meiste Zeit ihres Lebens Filme gemacht. Jetzt haben Sie angefangen zu schreiben: warum?
Literarisch geschrieben habe ich eigentlich immer: Kurzgeschichten, Drehbücher, Hörspiele. Außerdem habe ich eine Schwäche für lange Briefe – sie helfen die Abwesenheit von geliebten Personen zu ertragen.

Sie bezeichnen Ihren Roman »Im Augenblick der Freiheit« als »einen Roman wie ein Film« – was ist damit gemeint?
Das richtet sich zum einen nach einer bestimmten Form von Spannung und Drama, das sich in kurzen filmischen Sequenzen abspielt. Zweitens liebe ich realistische Beschreibungen von Schauplätzen, wie sie als Drehorte in Filmen erscheinen.

Man munkelt, »Im Augenblick der Freiheit« sei ein »Fassbinder-Roman«: Ist das wahr?
Nein. Ich machte meine Spielfilmerfahrungen ja nicht nur im Münchener antiteater, sondern habe auch bei Wim Wenders und zwei, drei weiteren bedeutenden Regisseuren des Jungen Deutschen Films mitgearbeitet. Eher spiegelt sich in der Figur des Hans-Peter Kantlehner − und auch in anderen Protagonisten − die Summe meiner damaligen Filmerfahrungen wider.


Gesehen wird das Geschehen der frühen Siebzigerjahre mit den Augen einer jungen Amerikanerin, die dreißig Jahre später auf der Suche nach ihrer Mutter ist, die in diesen Filmkreisen gelebt hat: Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Ich wollte keinesfalls eine nostalgische Rückschau. Rebecca, so heißt die junge Amerikanerin, lässt sich zwar auf diese Szene und ihre »Überlebenden« ein, aber bei ihr überwiegen Staunen, Entsetzen und Abwehr darüber, wie die Leute seinerzeit die Welt sahen und wie sie sie verändern wollten.

»Im Augenblick der Freiheit« – welche Freiheit ist damit gemeint?
Entscheidend ist das Wort »Augenblick«, denn dieser währte nur eine historische Sekunde lang, um dann abrupt umzuschlagen in Konformismus einerseits und in Gewalt. Mit dem Terror kam die Gegengewalt des Staates, Kontrolle – das war der Anfang vom Ende der Freiheit.

Die Fragen stellte Manfred Kramer
Foto: © Walter Hagenow